Kreativität & Malentwicklung
Die kindliche Mal- und Zeichenentwicklung ist bei vielen Eltern immer wieder Thema und deshalb möchte ich gerne einen Beitrag dazu schreiben. Einerseits zur allgemeinen Malentwicklung an sich und andererseits auch darüber, wie wir Kreativität und die Malentwicklung ganz einfach iom Alltag unterstützen können.
Individuelles Tempo
Wie bei allen Entwicklungen ist es auch beim Malen so, dass jedes Kind sein eigenes Tempo hat. Dies ist ganz wichtig. Es ist in Ordnung, wenn dein Kind beispielsweise lange in der „Kribelphase" bleibt oder wenn es längere Zeit nicht gegenständlich malt.
Das Einzige was wir Eltern tun können, ist den Kindern genügend Möglichkeiten zu geben, ihre kreativen Erfahrungen mit Stiften, Farben und Kreiden zu machen. Dies fördert die Entwicklung, denn nur wenn sie die Möglichkeit haben, Erfahrungen zu sammeln, kann auch eine Entwicklung stattfinden in dem Bereich.
Wie bei anderen Entwicklungsprozessen auch, ist bei der Malentwicklung ein typischer Ablauf zu beobachten. Die Art und Weise, wie Kinder einen Stift hält und was es damit macht im Laufe der Jahre, ähnelt sich sehr. Ich konnte dies bereits bei vielen Kindern in meinen Kindergartenklassen beobachten und es ist faszinierend zu sehen, wie die Entwicklung bei allen Kindern, individuell nach ihrem Tempo, voran geht.
Die Malentwicklung unterstützen
Welcher typischen Malphasen gibt es und wie kannst du die Kreativität und Malentwicklung deines Kindes untertützen?
Erste Erfahrungen sammeln
Das Kind nimmt den Stift wie es grade kommt in die Hand, schlägt, schmiert damit auf dem Untergrund - es entsehehen zufällige Spuren auf dem Papier.
In dieser Phase entdeckt das Kind, was der Stift oder die Malkreide ist und was dieser kann. Es entdeckt, dass dieses „Ding“ Spuren hinterlässt auf dem Papier - oder anderswo ;-) Es geht dem Kind noch nicht um das Malen an sich, sondern um das Erforschen dieses Gegenstands und was es damit machen kann.
Stift in Fausthaltung, runde Formen
Als nächstes kommt meistens die Fausthaltung, die Kinder halten den Stift mit der ganzen Hand, alle Finger umschliessen den Stift und auf diese Weise werden runde Formen gemalt, immer wieder. Oft wird auch zweihändig, gleichzeitig gemalt.
In der Anfangsphase ist es wertvoll, wenn als Material dicke Stifte oder Kreiden zur Verfügung stehen. Weiche Wachsmalkreiden, es gibt auch viereckige - diese sind einfach zu greifen. Übliche Farbstifte sind zu dünn und zu hart, Filzstifte gehen schnell kaputt weil noch nicht sorgfältig genug damit umgegangen werden kann.
Vom Grossen zum Kleinen und Hand-Auge Koordination
Grundsätzlich malen die Kinder zuerst grossflächig, die Bewegung kommt aus dem ganzen Arm. Daher ist es auch sinnvoll, grosses Papier, mindestens A3 oder Papier ab der Rolle zu geben. Klebt es mit Klebstreifen auf den Tisch oder wenn das Kind bereits einen eigenen kleinen Tisch hat ist es praktisch, diesen direkt mit Papier abzukleben und die ganze Fläche als Malfläche zu nutzen. Diese Bewegungserfahrung ist elementar für alle weiteren Schritte, denn das Bewegungsmuster entwickelt sich Schritt für Schritt, aus der Schulter, aus dem Ellbogen, dann aus dem Handgelenk und schliesslich für den Schreibprozess aus den Fingern.
Bastel- und Maltisch als sichtbares Angebot
Ab einem alter von ein bis zwei Jahren empfehle ich, dem Kind einen eigenen kleinen Tisch zur Verfügung zu stellen mit den entsprechenden Stiften. Je nach Kind, kannst du die Stifte dort in einem Gefäss haben oder du hast sie versorgt und gibst sie unter Aufsicht zum Malen heraus. Es ist förderlich, wenn das Malen, also ein Maltisch, wie andere Spielmöglichkeiten neben Bauklötzen, Büchern oder Puppen ebenfalls sichtbar als Angebot da ist.
Wachstischtuch und Wasserfarben
Beim Malen mit Pinseln und Händen ist ein Wachsmaltuch, erhältlich in Papeterien oder Baumarkt, sehr hilfreich. So kann man den ganzen Boden abdecken und sich und das Kind hineinsetzen. Malkästen eignen sich erst ab ca. 3 oder eher 4 Jahren, vorher ist es noch zu schwierig die Farbe an den Pinsel zu bringen. Flüssige Gouache oder Temperafarben eignen sich besser, angerührt in einem Becher, kann das Kind direkt den Pinsel nehmen und damit malen. Gib zu Beginn lediglich zwei bis drei Farben aufs Mal. Es braucht nicht mehr und so kann das Kind erleben, wie sich die Farben mischen.
Als Malschürze eignen sich die plastifizierten Lätzchen oder auch ein altes Hemd, das man ein wenig zurechtschneidet und eventuell einen Gummizug reinzieht bei den Ärmeln.
Weitere Entwicklung, Stifthaltung und dominante Hand
Je mehr Erfahrungsmöglichkeiten die Kinder haben, desto intensiver können die Kinder ihre gestalterische Kreativität ausleben und entwickeln. Mit der Zeit hält das Kind den Stift von sich aus mit den Fingern statt der Faust, denn sabald das Kind genauer malen möchte, merkt es, dass es mit der Fausthaltung eingeschränkt ist und wird den Stift anders halten. Ziel ist die Dreipunkthaltung mit Zeige, Mittelfinger und Daumen. Falls eine andere Stifthaltung bevorzugt wird, ist es gut, mit dem Kind immer wieder spielerisch den Stift auf verschiedene Arten zu halten. So bekommt das Kind ein Gefühl dafür.
Oftmals wechseln die Kinder ihre Hand noch ab, das dürfen sie machen, so können sie herausfinden, mit welcher Hand es ihnen wohler ist. Im Laufe des Kindergartenalters wird es sich spätestens zeigen, welche Hand die Dominante ist.
Vom Chribbeln zum Gegenständlichen Malen
Wir Erwachsenen tendieren dazu, gerne konkrete Dinge zu malen. Dies kann dazu führen, dass die Kinder immer möchten, dass wir für sie malen. Daher ist es wichtig, immer wieder auch ungegenständlich zu malen, damit das Kind nicht das Gefühl bekommt es “nicht zu können” und es deshalb nicht selber malen möchte.
Ein sehr schönes Phänomen, das fast jedes Kind zeigt, ist der “Kopffüssler”. Die meisten ersten Figuren, die ein Kind malt bestehen aus einem Kopf mit Beinen und manchmal noch Armen. Auch hier kann man beschreiben was man sieht und seine Freude daran zeigen, es benötigt keine Berichtigung, dass der Bauch fehlt. Denn es wird sich auch hier mit der Zeit weiterentwicklen.
Manche Kinder zeigen in der Übergangspahse zum gegenstänlichen Malen grosses Interesse an geometrischen Formen und Linien wie dem Kreis, dem Viereck oder dem Dreieck. Sie entdecken, dass damit vieles zu malen ist wie ein Haus, ein Berg, eine Sonne oder ein Kopf. Daher nehmen sie Inputs in diese Richtung manchmal gerne an.
Ausmalbilder
Bei Ausmalbildern erlebe ich immer wieder, dass sich diese als negativ auswirken auf die Kinder, Ausmalbilder bauen eine Hemmschwelle auf. Die Kinder glauben dann, sie können ja e nicht so gut malen und sind in ihrer Kreativität und in ihrem Selbstbewusstsein geschwächt. Sie versuchen genau das nachzumalen, und sind dann frustriert weil es nicht geht.
Daher bin ich dafür, Ausmalbilder wenn, dann nur sehr beschränkt anzubieten. Das freie Malen ist für die kreative Entwicklung sehr viel wertvoller. Zudem stärkt das freie malen die Selbstwirksamkeit und das Selbstbewusstsein.
Malen begleiten
Male neben deinem Kind, male Muster, schleifen, Kreise und andere schwungvolle Bewegungen oder auch geometrische Formen wie ein Viereck, Dreieck oder Kreis. Male eher nicht gegenständlich, oder nur wenig.
Male mit beiden Händen oder nimm bewusst mal die “andere” Hand und fordere dein Kind dazu auf, es auch zu probieren. Wie fühlt es sich an mit links, mit rechts?
Beschreibe was du siehst: “Du hast blau und rot gewählt, die Farben zusammen gefallen mir” oder “Oh, das sieht richtig wild aus, diese vielen Linien die es da gegeben hat.” “Was gefällt dir an deinem Bild?” Lass die Frage “Was hast du gemalt?” oder den Kommentar “Schön” mal sein und beobachte die Wirkung.
Schreibe das Bild mit Monat und Name an und wähle später aus, welche du aufbewahren möchtest.